Holz vs. Stahl: Die exakte Berechnung der eingebetteten CO₂-Reduktion in Massivholzstrukturen
Eine datengesteuerte Aufschlüsselung, wie viel CO₂ Massivholz wirklich im Vergleich zu Stahl und Beton spart, untermauert durch echte LCAs preisgekrönter Gebäude.
Die gebaute Umwelt erlebt eine strukturelle Revolution – nicht angetrieben durch neue Legierungen oder futuristische Komposite, sondern durch ein Material, das die Menschheit seit Jahrtausenden nutzt. Durch moderne Massivholz-Technologie neu konstruiert, entwickelt sich Holz zu einem der wirkungsvollsten Werkzeuge zur Dekarbonisierung des Bauwesens. Doch allein Behauptungen reichen nicht. In einem Zeitalter der Klimaverantwortung brauchen wir präzise, überprüfbare Zahlen, keine optimistischen Annahmen.
Dieser Artikel enthüllt den wahren Unterschied im eingebetteten Kohlenstoff zwischen Holz und Stahl anhand zweier der gründlichsten untersuchten Massivholzgebäude Nordamerikas.
Was eingebetteter Kohlenstoff tatsächlich misst
Eingebetteter Kohlenstoff repräsentiert die gesamten Treibhausgasemissionen, die bei der Herstellung der Baustoffe eines Gebäudes anfallen – von Gewinnung und Verarbeitung bis zu Transport und Montage. Da Betriebsemissionen dank sauberer Energienetze sinken, macht eingebetteter Kohlenstoff nun aus:
- bis zu 50% der Lebenszyklusemissionen eines Gebäudes und
- fast 100% der Emissionen bei netto-null-Betriebsgebäuden.
Stahl und Beton dominieren globale Emissionen, weil ihre Produktion inhärent CO₂-intensiv ist. Zement setzt etwa 0,9 Tonnen CO₂ pro Tonne Produkt frei, während die Herstellung von Primärstahl 2,5 Tonnen CO₂ pro Tonne überschreiten kann – eine Zahl, die kohlebasierte Hochöfen antreiben.
Holz verhält sich anders. Es speichert während des Wachstums aufgenommenen Kohlenstoff. Bei verantwortungsvoller Nutzung in Gebäuden mit langer Nutzungsdauer bleibt dieser Kohlenstoff jahrzehntelang gebunden.
Fallstudie: Barry Mills Hall (Bowdoin College, Maine)
Das Barry Mills Hall des Bowdoin College ist eine der klarsten Demonstrationen der CO₂-Vorteile von Massivholz. Entworfen von Leers Weinzapfel Associates, nutzt das Gebäude Brettschichtholz-Binder und CLT-Platzen für sein gesamtes Tragsystem.
Eine vollständige Life-Cycle-Assessment (LCA), verifiziert nach ISO 14044 und EN 15978, kam zu folgendem Ergebnis:
- 75–80% Reduktion des eingebetteten Kohlenstoffs im Vergleich zu einer Stahlrahmen-Alternative.
- Allein das Tragsystem senkte die Emissionen um ~55%.
- Das verwendete Holz speicherte ~430 Tonnen CO₂e, was die Netto-CO₂-Bilanz ins Negative verschob.
Das ist keine symbolische Geste. Es ist eine messbare Entfernung von atmosphärischem CO₂, vergleichbar mit dem Wegfall von fast 100 Autos für ein ganzes Jahr. Das Gebäude wird zu einem langfristigen Kohlenstoffspeicher.
Fallstudie: Kaiser Borsari Hall (Western Washington University)
Der Kaiser Borsari Hall, entworfen von Mithun und DCI Engineers, ist ein Meilenstein für Holz in leistungsstarken, technisch anspruchsvollen Umgebungen – insbesondere für MINT-Ausbildung und Forschung.
Sein Hybrid-System umfasst CLT-Decken und -Wände, gestützt durch Brettschichtholz-Rahmen, mit minimalem Beton nur dort, wo konstruktiv erforderlich.
Begutachtete LCA-Ergebnisse zeigen:
- eine 60% Reduktion des globalen Erwärmungspotenzials (GWP) gegenüber einer konventionellen Beton-Stahl-Referenz,
- eine 30% Reduktion der Baufeldabfälle dank Fertigung vor Ort,
- einen vier Monate kürzeren Bauzeitplan, der den Kraftstoffverbrauch vor Ort senkt,
- 620 Tonnen biogenen Kohlenstoff im Bauwerk gespeichert,
- und ~380 Tonnen vermiedenes CO₂e gegenüber der konventionellen Alternative.
Zusammen ergibt sich ein Netto-CO₂-Gewinn von 1.000 Tonnen – vergleichbar mit dem Schutz von 250 Hektar US-Wald für ein ganzes Jahr.
Das größere Muster in Branchenbenchmarks
Über Dutzende in Nordamerika und Europa veröffentlichte LCAs zeigt Massivholz durchgängig:
- Reduktionen des eingebetteten Kohlenstoffs um 60–85%, abhängig vom Systemtyp.
- Die Fähigkeit, mehr Kohlenstoff zu speichern als emittiert, wenn biogene Speicherung einbezogen wird.
- Deutlich geringere Auswirkungen in Kategorien wie Versauerung, Eutrophierung und Ozonabbau.
- Weniger Emissionen durch Baulogistik dank geringerem Gewicht und schnellerer Montage.
In realer Größe übersetzt: Ein mittelhohes Massivholzbürogebäude (ca. 8–12 Stockwerke) vermeidet typischerweise 2.000 bis 3.000 Tonnen CO₂e gegenüber Stahl.
Das entspricht:
- dem Stromverbrauch von 350 US-Haushalten über ein Jahr oder
- der Vermeidung von 700 transatlantischen Hin- und Rückflügen.
Häufige Gegenargumente und die echten Daten
1. Auswirkungen auf Wälder
Beide Fallstudien nutzten FSC- oder SFI-zertifiziertes Holz mit Nutzungsraten unterhalb der Nachwuchsraten. US- und kanadische Wälder sind in den letzten 30 Jahren netto im Volumen gewachsen, trotz gestiegener Holznachfrage.
2. End-of-Life-Szenarien
Selbst in pessimistischen Szenarien – wie Deponierung – behält Holz über einen 100-Jahres-Zeitraum einen Netto-CO₂-Vorteil. Mit fortschreitenden Wiederverwertungswegen (CLT-Rückbau, Recycling von Konstruktionsholz, Biochar) wird die Kluft noch größer.
Die Quintessenz
Die präzisen Berechnungen aus Barry Mills Hall, Kaiser Borsari Hall und Dutzenden weiteren LCAs führen zu einem Schluss:
Holz statt Stahl zu wählen ist kein stilistisches Vorliebedesign. Es ist eine mathematisch quantifizierbare Klimastrategie.
Wenn die Struktur eines Gebäudes hunderte – sogar tausende – Tonnen CO₂e entfernen oder vermeiden kann, verschiebt sich die Diskussion von Nachhaltigkeits-Marketing zu ingenieurwissenschaftlicher Tatsache.
Der Vorteil von Holz basiert nicht auf Optimismus oder Marketing.
Er basiert auf Physik, Biologie und überprüfbarer Arithmetik.
In einer Welt, in der Klimafristen enger werden, ist Präzision keine Option –
sie ist der neue Maßstab für Exzellenz.









